Vision

Stratoon

Der Traum vom Fliegen

Blickt man an einem sonnigen Tag nach oben, so sieht man nichts als blau: Ein unendlich tiefes Himmels-Meer. Seit mehreren hunderttausend Jahren bevölkern wir Menschen diese Erde und in all dieser Zeit war die Betrachtung vom Erdboden unsere einzige Perspektive auf das Universum. Doch in den letzten zwei Jahrhunderten hat sich viel getan. Mit der Erfindung der digitalen Kamera und Raketenantrieben gelingt uns vor etwa 70 Jahren - am 24. Oktober 1946 - eine erste Aufnahme der Erde aus dem Weltraum. 70 Jahre - ein kosmologischer Wimpernschlag.

Einfacher noch als das Hinaufsenden einer Rakete, ist das Verwenden eines Wetterballons, an den man eine Sonde anhängt, in die man eine Kamera einbaut. Mithilfe von Gas steigt der Ballon in Richtung des Alls, bis er schliesslich platzt und die Sonde zurück auf die Erde hinabfällt. Bleibt die Kamera unversehrt, kann man dann auf dem Bildmaterial unseren blauen Planeten von bis zu 40km Höhe bestaunen. Das ist der obere Stratosphären-Bereich. Zum Vergleich: Ab 100km Höhe spricht man in der Wissenschaft vom Weltraum. Und schon auf Wetterballon-Höhe gelingen Bilder, die sehr an die Bilder aus Weltraumfahrten erinnern lassen.

Genau das ist unser Ziel. Wir möchten einen Wetterballon mit der neusten Kamera- und Funktechnologie ausstatten und in die Weite des Himmels entlassen. Die Kamera wird eine 360°-Kamera sein und uns einen Blick auf die Erde gewähren, fast so als wäre man selbst an dem Ballon angeseilt. Die Funkmodule sorgen dafür, dass wir die wertvolle Ausrüstung unserer Sonde wiederfinden können, sobald sie zurück auf der Erde gelandet ist. Und ihr könnt an all dem teilhaben!

Wir halten euch auf unserer Webseite stets auf dem aktuellen Stand, so dass ihr den Missions-Tag sicher nicht verpassen könnt. Ausserdem findet ihr hier alle Informationen rund um unser Projekt. Schaut euch einfach um. Am Missionstag werdet ihr dann live dabei sein können! Eine Online-Karte zeigt euch stets an, wo sich der Ballon gerade befindet und was für Sensor-Werte er auf seiner Reise misst. Wir werden den Ballon mit einer fahrenden Funkstation (mit einem gepimpten Auto) verfolgen und euch mit einigen Eindrücken versorgen.

Unsere Mission ist ein Nachkömmling der m3space-Missionen und wird von Marcus Hudritsch, einem der m3space-Initiatoren betreut. Dank ihm und seinen Erfahrungen, kann dieses Projekt überhaupt erst durchgeführt werden.

Im englischen nennt man den Wetterballon - das Herz unserer Mission - "Stratospheric Ballon" und davon abgeleitet, geben wir unserer Mission den Namen Stratoon.

Wetterballons

Die Alltagshelden - von Hobbyastronauten zweckentfremdet

Wetterballons sind ein wesentliches Instrument der Meteorologen und werden schon seit über 100 Jahren eingesetzt. Sie werden mit einem leichten Gas, in der Regel Wasserstoff oder Helium gefüllt, so dass sie gen Himmel aufsteigen. Dabei dehnt sich das Gummi-Material des Ballons mit zunehmender Höhe nach und nach aus, da der durch die Atmosphäre verursachte Luftdruck stetig abnimmt. Auf die Ballonwände drückt also von aussen weniger Luft, wodurch sich das Gas im Inneren ausdehnt, um das Kräftegleichgewicht zu wahren. Die Gummiwände des Ballons sind dabei wahnsinnig stabil: Der Ballondurchmesser steigt auf seiner Reise von der Erde bis in die Statosphäre bis auf das Sechsfache an! Die grössten Wetterballons starten ihre Reise mit einem Durchmesser von 2 Metern und wachsen dann auf 13 Metern an. Bildlich gesprochen wird aus einem Menschen ein kleiner Pottwal. Diese enorme Ausdehnung kann das Gummi nicht ewig standhalten und nach einer Reisezeit von etwa zwei bis fünf Stunden, auf einer Höhe von ungefähr 40km, platzt der Ballon schliesslich.

Meteorologen nutzen Wetterballons, um eine Sonde anzuhängen, die mit Messinstrumenten ausgerüstet ist. Meistens sind das sogenannte Radiosonden, die vorallem Luftdruck, Luft-Feuchtigkeit und die Temperatur messen. Diese Daten werden dann von den Meteorologen in ihre Systeme eingeführt, um unter anderem Wetterprognosen treffen zu können. Hobbyastronauten haben seit einigen Jahren ebenfalls das Potential in Wetterballons entdeckt und nutzen sie, um ihre goPros oder andere Digitalkameras anzuhängen. Entsprechend der Anzahl an Erfahrungsberichten über solche zweckentfremdete Missionen, ist das Wetterballonfliegen ein regelrechter Sport geworden, bei dem stets verschiedene Rekorde zu brechen versucht werden.

Mit der Stratoon-Mission geht es uns darum, ein gesundes Mittelmass dieser beiden Einsatzbereiche zu schaffen. Einerseits möchten wir mit einer 360°-Kamera ein wunderbares Rundum-Bild der Ballon-Reise aufzeichnen, wobei dank der modernen Software der Kamera ein nahezu wackelfreies Bild entsteht. Ausserdem möchten wir unsere Sonde mit wichtigen Sensoren ausrüsten, um unsere Reise auch auf wissenschaftlicher Ebene analysieren und interpretieren zu können.

Missionsvorbereitungen

Wiedersehen macht Freude!

Die Schweizer Meteorologie-Stationen sind vorallem an den Messwerten der Sonden interessiert und so empfangen sie mittels Funk live Messdaten. Wo und wann die Sonden wieder landen ist für sie weniger von Bedeutung - man nimmt diesen Verlust an Material in Kauf. Die Ballons starten täglich und es kann nicht jeder nach seinem Absturz wieder gesucht werden. Für Hobbyastronauten ist das natürlich keine Option, da oftmals teure Kameras in der Sonde installiert sind. Und so ist es oberstes Ziel der meisten Hobby-Ballonflüge und auch der Stratoon-Mission, dass die Sonde wieder gefunden wird. Wie aber macht man das?

Die einfachste und unsicherste Methode ist es einen Zettel an die Sonde zu kleben und zu hoffen, dass der Finder sich bei den Missionsinitiatoren meldet - wenn die Sonde denn überhaupt von jemanden gefunden wird. Dieses Verfahren wird meistens von Meteorologen gewählt. Sicherer ist es, wenn ein Sensor eingebaut ist, der Positionsdaten übermittelt. Üblich bei Hobby-Ballonfliegern ist es, dass ein GPS-Tracker alle 30-Minuten versucht ein Signal über das Mobilfunknetz zu senden, um so seine Position mitzuteilen. Doch auch dieses Verfahren hat seine Schattenseite: Nicht überall herrscht Funkverbindung zum Mobilnetz. Ein weiterer, aufwändigerer Ansatz ist es, eine konstante Funkverbindung via Antenne aufzubauen. Die Ballonsonde sendet also mittels Antenne GPS-Daten zu einer Bodenstation. Der Nachteil hierbei ist, dass eine freie Luftlinie bestehen muss. Dies hat zur Konsequenz, dass man dem Ballon mit einer fahrbahren Bodenstation, also zum Beispiel einem Auto, hinterherfahren muss, damit er zu keinem Zeitpunkt vom GPS-Radar verschwinden kann.

Aufgrund der Unsicherheit der verschiedenen Verfahren, haben wir uns entschieden alle drei einzusetzen. Wir installieren einen Mobilfunk-Sender, etablieren eine konstante Funkverbindung und verfolgen den Ballon am Missionstag via Auto. Für den absoluten Worst-Case ist ein Schild mit unseren Kontaktdaten angebracht. Um sicherzustellen, dass der Ballon nicht in Wasser oder ähnlich unpassierbarem Gelände landet, nutzen wir eine sehr präzise Online-Software, die eigens für das Hobby der Stratosphärenballonflüge entwickelt wurde. Dort gibt man unter anderem die Gas-Füllmenge des Ballons an, sowie Startort und Uhrzeit. Berechnet wird einem dann die Flugbahn des Ballons aufgrund von meteorologischen Daten. Meteorologen und ihre professionellen Wetterballons unterstützen also indirekt auch Hobbyastronauten und ihre Ballon-Missionen.

Diese und weitere Massnahmen werden getroffen, damit am Missionstag nichts schief gehen kann. Und doch: Das Unterfangen ist und bleibt riskant. Wo Wind und Wetter walten, hat der Mensch keine absolute Kontrolle mehr. Doch dort wo wir Kontrolle haben, nutzen wir sie! Hoffentlich werden wir dafür alle mit schönen Eindrücken aus der Stratosphäre entlohnt.

Systemaufbau

Nur ein Wetterballon?

Um die Positionsdaten des Ballons, so wie Live-Bilder und andere Sensorwerte auf stratoon.ch anzuzeigen, wurde ein komplexes multi-funktionales System entwickelt, das drei Stationen durchläuft:

Die Sondenkapsel - Diese fliegende kugelrunde Mess-Station aus Styropor wurde auf geringes Gewicht, wenig Platz und Stromverbrauch, bei möglichst breiter Funktionalität, optimiert. Das Gehirn der Sonde besteht aus zwei Mikrocomputern, einem Arduino Mega und einem RaspberryPi Zero. Sie empfangen die Daten der verschiedenen Sensoren, speichern sie ab und verschicken sie mit einer LoRa-Punkt-zu-Punkt-Funkverbindung an die Erde. Unterhalb der Sonde befestigten wir eine 360°-Videokamera (Insta360 One X), um die atemberaubende Aussicht auf unseren Heimatplaneten in jede Richtung einzufangen. Dank eingebautem Gyroskop produzierte die Kamera ein exzellent stabilisiertes Video, auch wenn sich die Sonde drehte.

Das Mission-Control-Car - Um die Funkdistanz auf ein Minimum zu reduzieren, entschieden wir uns bei unserer Bodenstation für ein Verfolgungsauto. Mit einer Antenne ausgerüstet, empfing und verarbeitete es die Daten und Bilder mit Node-RED und sendete sie via MQTT an unseren Webserver.

Der Server - Mit Hilfe von Node-RED wurden die verschiedenen Sensor-Daten in einer Influx-Zeitreihendatenbank abgespeichert und schliesslich dank einer nginx-Webserver-Instanz an die Besucher ausgeliefert. Um das System testen zu können, unterhielten wir sowohl einen öffentlichen Live-Server als auch einen privaten Staging-Server

Das Team

Wir sind drei Studenten mit der Vision den Beinahe-Weltraum zu bereisen

Die Weite des Universums, die sich uns jede Nacht zeigt - zumindest an Orten an denen die Lichtverschmutzung noch nicht den Himmel verdunkelt - hat uns Menschen schon immer in Staunen versetzt. Es ist wohl auch der Grund, warum Kinder - die Meister des Staunens - oft vom Astronaut-Sein träumen. So ist es auch unser dreier Traum - von Oli, Yannik und Fredi - ein Wenig von der Unendlichkeit zu erfahren. Wenn es auch nur durch Bilder ist.

Ermöglicht wird uns das ganze Vorhaben überhaupt erst durch die grandiose technische und finanzielle Unterstützung der Berner Fachhochschule, in dessen Rahmen dieses Projekt als Bachelorarbeit stattfinden kann. Wir danken demutsvoll.